Chunt es Häsli angesprunge – Osterzeit im Kindergarten


Die Vorfreude im Kindergarten ist gross: Bald ist Ostern. In den letzten zwei Wochen vor den Ferien taucht immer wieder „es Häsli“ auf – sei es in Fingervers und Puppenspiel oder beim Nähen und Backen – und auch Ostergras säen und Eier filzen bereiten die Kinder auf das Osterfest vor.


Die Sonne scheint. Es ist der erste warme und sonnige Tag seit langem. Im Garten des Kindergartens der Rudolf Steiner Schule Kreuzlingen haben sich alle Kinder versammelt. „Ein Schmetterling – der erste Schmetterling!“, ruft Noemi aufgeregt. Ein Zitronenfalter fliegt an den Narzissen vorbei, die eben richtig zu blühen beginnen. „Das passt schön, dass gerade jetzt so spürbar ist, wie die Natur erwacht!“, freut sich Erzieherin Magdalena Tschudin. Denn heute ist ein besonderer Tag im Kindergarten: Das Ostergras wird gesät.

Die Samen dürfen aufwachen

Ungefähr zehn Tage vor Ostern bereitet jedes der Kinder seinen Topf mit Erde vor. Die Erde wird leicht angedrückt und die Samenkörner rieseln aus der Hand der Kinder in den Topf. Noch einmal „gehen die Weizenkörner schlafen“ und werden sanft mit Erde zugedeckt und schliesslich gegossen. „Jetzt sind die Samen aber sicher froh, dass sie in der Erde aufwachen dürfen und zum Pflänzchen werden“, eines der Kinder fasst damit schon in seine eigenen Worte, worum es beim Ostergras pflanzen geht: Die Kinder erleben beim Säen, Beobachten und Pflegen ihres Keimlings, wie aus dem harten Samenkorn eine lebendige, wachsende Pflanze erwacht – das zentrale Thema vom Auferstehen an Ostern erfahren sie damit selbst und es bedarf keiner weiteren Erklärung durch Kindergärtnerin Monika Scherrer: „Wo immer es geht, vermitteln wir nicht mit dem Wort, sondern durchs eigene Erleben.“

Vom Korn zum Feld

Von nun an wird das erwachende Pflänzchen jeden Tag liebevoll gehegt und gepflegt. Den Sommerweizen können die Kinder, wenn sie ihn am letzten Tag vor den Ferien mit nach Hause genommen haben, in den Garten setzen, bis die Ären im Herbst gereift sind. Eines der Kinder hat bereits seine eigene Idee, was es damit vorhat: „Aus jedem Korn wird eine Äre mit vielen Körnern, dann säe ich die ganzen Körner und daraus werden wieder viele Ären – bis ich ein ganzes Kornfeld habe!“. Schon vier Tage später, nach dem Wochenende, freuen sich die Kinder riesig. Das Ostergras ist gekeimt und ein zartes Grün schaut aus dem Topf hervor.

Bis nichts mehr fehlt

Natürlich dreht sich auch bei den Bastelangeboten alles um Ostern: Häschen werden genäht, Eier gefilzt. Die Ostereier entwickelten sich dabei recht spontan wie Magdalena Tschudin erzählt: „Wir hatten die Eierform aus Filzwolle nass gefilzt, da rief eines der Kinder: 'Jetzt fehlen nur noch die Punkte!' – und schon wurden Punkte mit der Nadel aufgefilzt. Dann rief ein weiteres Kind: 'Jetzt fehlt nur noch der Bändel!' – und schon wurde ein Band befestigt. Erst dann waren die Filzeier wirklich fertig!“

Ein Tierchen zum Liebhaben

Das Häschen nähen ist dagegen im Kindergarten schon ein Klassiker. Aus Filz schneiden die Kinder zwei Hasenformen aus und nähen diese mit einer bunten, sichtbaren Naht zusammen. Besonders in den Momenten, wenn die Wolle gestopft und die Figur mit Glöckchen und Band verziert wird und so das Häschen aus einer abstrakten, flachen Form zu einem Tierchen zum Liebhaben wird, sind den Kindern Stolz und Freude richtig anzumerken. „Kaum sind die Häsli fertig, spielen die Kinder auch schon mit ihnen – lassen sie über den Tisch hoppeln und singen unser Osterhasenlied 'Osterhaas weisch du was' (1) dazu. Viele wollen nochmal eines machen und dürfen dann noch ein Hüenli nähen.“, berichtet Monika Scherrer. Die selbst genähten Häschen und Hüenli dürfen zusammen mit den Ostereiern auf den Jahreszeitentisch, auf dem seit Februar Mutter Erde über ihre Wurzelkinder wacht. Nach und nach zieht auch hier der Frühling richtig ein und ein Wurzelkind nach dem anderen bekommt ein buntes Mäntelchen an und darf eine passende Blume tragen wie Narzisse oder Tulpe.

Chunt es Häsli angesprunge mit de Ohre ufgäschwungä

Die Häsli sind allgegenwärtig – so auch am Backtag, in den Fingerversen und im Puppenspiel. Vor Ostern werden aus dem Brötchenteig Hasen oder Nester geformt. Im Fingervers vom Häsli und Schneggli versucht das Häsli, die Schnecke vergeblich zum Tanz zu überreden, wird aber immer wieder vertröstet, bis es schliesslich im nächsten Frühjahr einen zweiten Hasen zum Tanzen findet. Schnell haben die Kinder den rhythmischen Text gelernt. Mit den Fingern hüpft das Häsli und kriecht das Schneggli. Das Grösste für die Kinder ist es, den Vers ganz alleine aufzusagen. „Dann sprechen sie ganz laut und kräftig und machen fleissig alle Bewegungen mit den Fingern dazu“ , man merkt Magdalena Tschudin an, dass sie die Begeisterung für die Geschichte vom Häsli und Schneggli mit den Kindern teilt. So wird das Häsli auch am nächsten Tag im Kindergarten wieder fragen: „Schneggli machsch mit mir es Tänzli?“.

„Wenn wird`s denn Osterä?“

Das Puppenspiel vom Hasenmond (2) vermittelt spielerisch, wann eigentlich Ostern ist: „Erscht wenn dä volli Mond erwacht/ Und so rund wiä d`Sunnä lacht/ Denn chas uf Ärdä/ Wieder Osterä werdä“. Seit zwei Wochen wird das Puppenspiel vom Hasenmond in beiden Kindergartengruppen von den Erzieherinnen immer wieder vorgeführt. Die Kinder sitzen gebannt vor der liebevoll aufgebauten Szenerie aus Tüchern, selbstgemachten Filztieren und Naturmaterialien wie Wurzeln, Zapfen und Blumen. Kindergärtnerin Magdalena Tschudin bewegt ganz sacht die Figuren und lässt sie lebendig werden. Alle verfolgen den Weg des Häschens zu Hasenmutter und -vater, Igel, Kuckuck und Eule auf der Suche nach der Antwort auf seine Frage: „Wenn wird`s denn Osterä?“. Am Ende der Geschichte, wenn endlich Ostern ist, darf das kleine Häschen helfen, die Ostereier zu verstecken und einige der Kindergartenkinder auch. „Wer mag helfen, die Nester zu verstecken?“, fragt Magdalena Tschudin und schon springen die Kinder auf, recken die Hände in die Höhe, um selbst Osterhäschen auf dem Theatertisch zu spielen.

 

Am letzten Tag vor den Ferien – es ist Gründonnerstag – ist das Ostergras schon eine Hand breit hoch. Die Kinder dürfen es heute mit nach Hause nehmen. Im Gras liegt auch das gefilzte Osterei und sitzt das selbst genähte Häschen. Und allen ist klar: Jetzt chas uf Ärdä endlich Osterä werdä.

  • Alle Informationen zum Kindergarten finden Sie hier: Kindergarten
Selbst basteln: Osterhäsli nähen

Für alle, die unser Häschen gerne zuhause selbst oder mit den eigenen Kindern nachnähen wollen, haben wir hier die Anleitung zusammengestellt:

1. Vorlage ausschneiden: Download Vorlage

2. Zwei Mal auf den Stoff übertragen und wieder ausschneiden.

3. Beide Hasen aufeinanderlegen und zusammennähen. Man darf die Naht sehen.

4. Ein Stück offen lassen und den Hasen mit der Wolle stopfen.

5. Fertig zunähen.

6. Die Schleife mit der Glocke um den Hals binden.

Fertig – viel Freude damit und schöne Ostern!


(1) "Osterhaas weisch du was" von Andrew Bond

(2) nach: Kutik, Christiane (2015): Das Jahreszeitenbuch. Stuttgart (12. Auflage): Verlag Freies Geistesleben.

Text: Anika Mahler (Gruppe für Öffentlichkeitsarbeit)
Fotos: Anika Mahler, Magdalena Tschudin

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