Eseltrekking in Klasse 4/5

Sechs Esel, 22 Kinder, drei Tage unterwegs: Die 4./5. Klasse war im Juni auf der anderen Seeseite beim Eseltrekking. Was man sich darunter vorstellen kann und welche Überraschungen die Exkursion für die Schüler*innen bereit hielt, berichten wir hier.

Es war ein besonderer Dienstagvormittag auf dem Schulhof der Rudolf Steiner Schule Kreuzlingen. Eltern warteten mit ihren Autos auf den Einsatz, Kinder schleppten grosse Rucksäcke, ein riesiger Anhänger wurde beladen. Alle Schüler*innen der 4./5. Klasse machten sich mit ihrer Klassenlehrerin Janine Trick bereit für die Abfahrt auf den Bauernhof der ehemaligen Schulmutter Vroni Rotthaler und ihrem Mann Ivo Zosso im Sauldorfer Ortsteil Boll bei Meßkirch (Deutschland). Für drei Tage stand dort Eseltrekking auf dem Stundenplan. Übernachtet werden sollte auf einer grossen Wiese in eigenen Zelten, die nach der Ankunft mit Hilfe der begleitenden Eltern Markus Witzig und Sara Martini auch direkt aufgebaut wurden. Erst danach ging es in den Stall und auf die Weide, wo nicht nur Esel, sondern ein richtiges kleines Tierparadies mit Maultieren, Ponys und Pferden, Lamas, Ziegen, einem Hund, Katzen, Schweinen, Tauben und Hühnern auf die Kinder wartete.

Esel im Gänsemarsch

Am Ankunftstag sollten sich die Kinder und Esel auf einer kleinen Runde von zwei bis drei Stunden erst einmal aneinander gewöhnen – natürlich nach einer Einführung, bei der die Schüler*innen die Tiere striegelten, Hufe auskratzten, Satteldecke und Sattel auf den Rücken festzogen und Gruppen festlegten, wer sich mit welchem der sechs Esel auf den Weg machen wollte. Danach setzte sich die Eselkarawane in Bewegung: zuvorderst Don Camillo, dann Pepone, es folgten Leo und Till, dann Hanna und Schlusslicht Nina. Die Reihenfolge der Esel blieb die gesamte Wanderung über und auch am zweiten Trekkingtag gleich.

Mit einem hatten die Viert- und Fünftklässler*innen nicht gerechnet, berichtet Lehrerin Janine Trick: „Die grösste Überraschung war, dass immer eine oder einer auf dem Esel reiten durfte!“ – so wurde im Viertelstundentakt Reiter bzw. Reiterin gewechselt, die anderen aus der Gruppe führten. Das Führen der Tiere ist gar nicht so einfach. Das wurde bereits beim kurzen Ausflug am ersten Tag klar. „Man musste sich schon richtig durchsetzen, damit die Esel nicht bei jedem Grashalm anhalten und fressen. Die Tiere reagierten extrem auf die Kinder und spiegelten deren Verhalten die ganze Zeit non verbal“, sagt Janine Trick.

"Ich heisse Leonardo (Spitzname Leo) und mein Esel hiess auch Leo. Das fand ich witzig! Er sah sogar ein wenig so aus wie ich: auf dem Kopf etwas wuschelig und er war auch ein bisschen frech, aber wirklich nur ein bisschen." Leonardo

Erst einmal Stopp!

Dass es noch herausfordernder werden kann, zeigte sich am zweiten Trekkingtag. Kurz vorm Ziel, dem Schwackenreuter Baggersee, wurde es auf der ca. 12 km langen Wanderung noch einmal spannend: Am Weg stapelten Holzstämme, die von einer Sprinkleranlage bewässert wurden – für die Esel Gefahr und damit Stopp! Was als bockig und störrisch gilt, sicherte dem Esel in seinem ursprünglichen Lebensraum, dem Gebirge, das Überleben. Das hatten Janine Trick und ihre Klasse von Vroni Rotthaler gelernt. „In den Bergen wäre das Risiko zu gross zu stürzen, würden die Tiere einfach davonlaufen“, berichtet Janine Trick. Doch was macht man, wenn sich sechs Esel keinen Millimeter mehr vorwärts bewegen? „Alles ausprobieren, was einem einfällt“, sagt Sara Martini. Doch nicht einmal die sogenannte „Walze“, die die Viert- und Fünftklässler*innen in der Einführung gelernt hatten, half. „Bei der Walze führt man den Esel ganz eng im Kreis. Das ist für ihn sehr anstrengend. Danach ist er eigentlich froh, wenn er wieder gerade aus gehen kann“, gibt Janine Trick Auskunft. So blieb nur ein grosser Umweg und – endlich am See angekommen – der erfrischende Sprung mit dem Schwungseil ins kühle Nass.

„Ich fand den Badesee am besten. Dort gab es eine Schaukel, die ins Wasser führte.“ Julius

„Der Ausflug zum Badesee war mir sehr sympathisch, allerdings fand ich die Nachtruhe etwas früh.“ Finn

Alle ziehen an einem … Esel

Zeit für den Heimweg: „Uns war klar, dass wir nicht noch einmal den Umweg durch den Wald nehmen konnten. Es war heiss und zum Teil waren die Kinder schon müde“, erinnert sich Sara Martini. Und so hofften alle, dass das Wasser der Sprinkleranlage in der Zwischenzeit abgestellt war. Die Situation war aber unverändert: Das Wasser spritzte, die Esel stoppten. Erneut wurde nach der zündenden Idee gesucht. Die Kinder opferten ihr Vesper, lockten mit Gurken, Karotten und frischem Gras. Sie schoben und zogen. Sie tauschten die Reihenfolge der Esel – die Älteren und Erfahrenen nach vorne. Und tatsächlich drei der Esel wagten sich auf die andere Seite. Blieben nur noch drei. „Wir haben sicherlich eine halbe Stunde alle möglichen Vorschläge ausprobiert. Trotzdem waren die Kinder gar nicht frustriert und haben alle an einem Strang gezogen“, berichtet Janine Trick.

Nach einigen weiteren vergeblichen Versuchen dann endlich der rettende Einfall: Ausgerechnet die älteste und kleinste Eseldame Hanna sollte allen aus der Patsche helfen. Offenbar liess die Eselin das spritzende Wasser kalt und so konnten schliesslich die letzten drei Esel einzeln, jeweils an die erfahrene Hanna gebunden auf die andere Seite geführt werden. Puh! Die Erleichterung war riesig! Und Jasmine, die die Eselin geführt hatte, war stolz auf „ihre“ Hanna, von der keiner gedacht hatte, dass sie am Ende des Tages als Heldin nach Hause kommen würde. Mit neuem Schwung ging es den restlichen Weg zurück zum Bauernhof.

"Das Spannendste beim Eseltrekking waren die großen Baumstämme im Wald, die mit Wasser bespritzt wurden. Das Tollste war die Tageswanderung, die zum Baggersee führte. Die kann man sehr empfehlen!" Lasse

Ein grosses Hallo und I-Ahhh

Die nächste Überraschung gab es bereits am Abend. In der eigenen Zirkusscheune des Hofes zeigten Don Camillo und Pepone, dass sie nicht nur wandern können. Mit Dompteurin Vroni Rotthaler präsentierten die Esel eine heitere und eindrucksvolle Zirkusshow. Alles drehte sich ums Thema Schule: Im Turnen mussten die Esel unter anderem eine Wippe im Gleichgewicht halten. Im Rechnen bekamen sie Aufgaben gestellt, die Anzahl der Schritte war die Lösung. Im Geometrieteil beeindruckten die Esel mit exakt abgeschrittenen Kreisen und Quadraten. Besonders imponierte den Schüler*innen, dass die Esel, die sie zuvor zum Teil nur mit grösster Mühe zum Laufen bringen konnten, während der Zirkusshow auf kleinste Zeichen reagierten, erklärt Janine Trick: „Wenn die Kinder zuvor nicht selbst die Erfahrung mit den Eseln gemacht hätten, wäre die Aufführung wahrscheinlich einfach 'schön' gewesen. So waren alle total beeindruckt!“ – eine gelungene „Gutenachtgeschichte“ für die Viert- und Fünftklässler*innen.

Eine gute Nacht

An diesem Abend fielen alle Schüler*innen müde in ihre Schlafsäcke. Die Nachtruhe einzuhalten und selbst zur Ruhe zu kommen, trotz der vielen Geräusche draussen, ohne Eltern unterwegs und trotz Enge im Zelt, war am zweiten Abend kein Thema mehr. Janine Trick sieht in der Exkursion eine gute Vorbereitung auf das kommende Geologielager im nächsten Schuljahr: „Ich habe festgestellt, dass es sinnvoll ist, das Übernachten draussen in der Natur und weg von Zuhause langsam aufzubauen. Letztes Jahr haben wir bei unserem Hausbauprojekt eine Nacht im Schafstall verbracht, jetzt zwei Nächte im Zelt. So geht es nicht von Null auf Hundert. Mit meiner vorigen Klasse habe ich das Eseltrekking auch schon gemacht und hatte es sehr positiv in Erinnerung. In dem Alter sind Kinder Tieren allgemein noch gefühlsmässig sehr nah.“ Und natürlich schweisst eine solche Aktion mit gemeinsamem Übernachten die Gruppe zusammen.

Lasst die Katze aus dem Sack

Kurz vor der Heimreise gab es noch eine weitere tierische Überraschung, schliesslich hatte eine Schülerin Geburtstag. Nicht nur Don Camillo und Pepone sind richtige Zirkustiere, auch die Katzen von Vroni Rotthaler und Ivo Zosso beherrschen einige beeindruckende Kunststücke. Mit dem Geburtstagskind als Assistentin zeigten die Tiere unter anderem einen gewagten Sprung durch den brennenden Reif – ein gelungener Abschluss der dreitägigen Exkursion. Zufrieden und müde kamen die Viert- und Fünftklässler*innen auf dem Schulhof an, zufrieden ist auch Janine Trick: „Es stellt sich ja immer die Frage bei solchen Unternehmungen, ob man alle gepackt kriegt. Die Kinder mochten die Esel sehr gern. Es hat mich total gefreut, dass alle angebissen haben und richtig mit Eifer und Spass dabei waren!“

"Ich fand am coolsten, dass es drei Überraschungen gegeben hat. Die erste war, dass wir auf den Eseln reiten durften, die zweite, dass es auf dem Eselhof eine Zirkusaufführung mit den Eseln gab und die dritte Überraschung war eine Katzenaufführung." Jasmine

"Am besten hat mir die Katzenaufführung gefallen und dass wir mit den Eseln zum Badesee gelaufen sind. Da konnte man ins Wasser springen und sich eine Abkühlung holen! Dass mein Esel Camillo eine Zirkusaufführung hatte, hat mir auch sehr gefallen." Ben-Louis

"Ich fand am besten das Baden im See, das Grillen, die kleine Zirkusshow und am Ende noch die Katzenshow." Jeronimus

Text: Anika Mahler (Gruppe für Öffentlichkeitsarbeit)
Fotos: Sara Martini, Janine Trick

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